Menschenrechte - die offene Flanke des realen Sozialismus

Der Verweis auf fehlende bzw. nur unzureichend realisierte Menschenrechte in den sozialistischen Ländern stellte im kalten Krieg eine überaus wirksame Waffe im Kampf der westlichen imperialistischen Staaten gegen das realsozialistische Lager dar. Der DDR-Rechtsphilosoph Hermann Klenner schrieb 1987: „Speziell in den vergangenen zehn Jahren wurde immer wieder in sprachwissenschaftlichen Untersuchungen, in meinungsmanipulierenden Werbesendungen, aber auch in Regierungserklärungen, und jedenfalls in der Phraseologie des kalten Krieges, der Versuch unternommen, 'Menschenrechte' zu missbrauchen: - als Alternative zu Détente und friedlicher Koexistenz, - als Medium internationaler Konfrontation, - als Vorwand für Aufrüstung und Intervention.“ [1]

Menschenrechte als Klassenrechte?

Von den Verteidigern des Realsozialismus wurde darauf stets erwidert, dass all diese Menschenrechte am Ende ein Nichts seien, wenn nicht das erste und wichtigste – das Recht auf Leben – und damit der Krieg, geführt als Atomkrieg, vermieden werde. Beispielhaft für diese offizielle Position sei hier noch einmal Klenner zitiert: „Das Ziel der klassenbewussten Arbeiterbewegung seit je, in den Worten von Marx: die volle und freie, auf der universellen Entwicklung aller gegründeten Individualität, bedarf zu ihrer Verwirklichung in unserer waffenstarrenden Welt, in der ein Atomkrieg zwar nicht gewonnen, wohl aber begonnen werden kann, als allererste Voraussetzung des Friedens. Ohne sie wären die anderen Menschen- und Völkerrechte nur noch von archivalischem Wert. Folglich ist der Anspruch aller auf eine zwischenstaatliche Koexistenzpolitik, des Menschen und der Völker Recht auf ein Leben in Frieden, das fundamentalste ihrer Rechte.“ [2]

Doch diese Unterordnung der Geltung der Menschenrechte unter das unbedingte Friedenspostulat konnte nicht die Frage beantworten, welchen Stellenwert sie in den Ländern des realen Sozialismus denn nun haben sollten. Auch die Proklamation „sozialistischer Bürgerrechte“ bot keinen Ausweg aus diesem Dilemma. Nach offizieller Version waren „die sozialistischen Bürgerrechte keine allgemein-menschlichen, sondern Klassenrechte.“ In einem Beitrag, veröffentlicht in der DDR 1987, hieß es zu ihrer Bedeutung: „Sie sind Produkt und Instrument der sozialistischen Gesellschafts- und Persönlichkeitsentwicklung (…). Weil das Klasseninteresse des Proletariats letztlich ein Menschheitsanliegen ist, sind seine Klassenrechtsforderungen im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Krieg und Rassismus Menschenrechtsforderungen.“ [3]

Gegen diese Reduktion des Universalitätsanspruchs der Menschenrechte in der Rechtstheorie und Praxis der realsozialistischen Staaten meldete u. a. der Philosoph Hans-Heinz Holz Bedenken an: „Widerspruchsfrei scheint sich allerdings eine so weitgehende Historisierung der Menschenrechte nicht mit dem Universalitätsanspruch zusammenzufügen, den die Menschenrechtskataloge der UNO-Konventionen erheben. Und auch Klenner spricht davon, die Arbeiterbewegung kämpfe 'um die Befreiung von ökonomischer Ausbeutung, politischer Unterdrückung und geistiger Manipulierung des Menschen durch den Menschen, damit ein jeder seine menschliche Natur entfalten kann'; er setzt also doch eine 'menschliche Natur' voraus, der ein Minimalrepertoire an Gattungsbestimmungen zukommen muss, wenn die Geschichte als ein Entwicklungsprozess der menschlichen Gattung gefasst werden soll.“ [4]  Für Holz existierte daher ein „Wesensgehalt“ der Menschrechte: „Im Begriff des Menschenrechts, dessen Wirklichkeit immer nur in historischer Besonderung erscheint, muss – wenn es überhaupt einen Sinn geben soll – ein Wesensgehalt liegen, im Hinblick auf den es möglich ist, die jeweils gesellschaftsspezifische Form des Kampfs um Menschenrechte und die jeweils positive Normierung von Menschenrechten in Grundgesetzen als Spezifikationen eines Gattungsallgemeinen aufeinander zu beziehen. Andernfalls gäbe es gar keinen gemeinsamen Gegenstand völkerrechtlicher Vereinbarungen über die Förderung und Wahrung der Menschrechte.“ [5] Nach dem Ende der DDR, der Sowjetunion sowie der übrigen europäischen realsozialistischen Länder war von „sozialistischen Bürgerrechten“ als „Klassenrechten“ keine Rede mehr. Mit dem Untergang dieses Gesellschaftssystems hatten auch sie sich erledigt. Und so erwähnt auch Hermann Klenner sie in einem Aufsatz aus dem Jahre 2003 nicht mehr. [6]   

Das Menschenrecht auf Eigentum

Eine Geringschätzung allgemeiner Menschenrechte spricht auch aus den Formulierungen des in der Sowjetunion verfassten Lehrbuches Marxistische Staats- und Rechtstheorie das 1974 in deutscher Übersetzung erschien: „In der Epoche, als die Naturrechtslehren mit ihrer fortschrittlichen Auffassung der gleichen und angeborenen Rechte, sowie die abstrakten Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit über ungeheure soziale Wirkungen verfügten, konnte die Bourgeoisie sich eine direkte staatlich-rechtliche Apologie der Persönlichkeit des Bourgeois und seiner Freiheit nicht leisten. Sie suchte dies mit indirekten Mitteln zu erreichen. An Stelle einer betonten Verherrlichung der Kapitalistenpersönlichkeit wird in den juristischen Dokumenten der Bourgeoisie das Privateigentum, das Kapital als etwas der Form nach Entpersönlichtes und über den Menschen Stehendes verherrlicht. Die Deklaration der Menschen-Bürgerrechte vom Jahre 1789 erklärt das Privateigentum als heilig und unverletzlich.“ [7]

Die hier vorgenommene Abwertung des Rechts auf Eigentum, wie es in den verschiedenen Menschenrechtserklärungen in der Französischen Revolution enthalten ist als bloßer Versuch der Verschleierung der Herrschaft der Bourgeoisie geht aber fehl, denn das private Eigentum verdient sehr wohl Schutz, obgleich dieser Schutz natürlich nicht absolut gesetzt werden darf, schließlich dürfen weitreichende Eingriffe in die Produktionsverhältnisse – etwa die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien zur Verwirklichung einer sozialistischen Ordnung - dadurch nicht blockiert werden. Aber das ändert nichts daran, dass auch ein sozialistisches Gesellschaftssystem das Rechtsgut Eigentum als Ausdruck der individuellen Persönlichkeit und als wichtige Grundlage für die Teilnahme der Staatsbürger am gesellschaftlichen Leben anzuerkennen und zu schützen hat.

Hinzu kommt eine weitere Bedeutung des Rechts auf Eigentum: Es ist keineswegs nicht alleine nur ein Recht, das dem Kampf des Bürgertums gegen Standesvorrechte und -privilegien diente bzw. dient, sondern es zugleich auch ein Abwehrrecht der Deklassierten und Unterprivilegierten gegen Eingriffe in ihr Eigentum, die im Interesse von großen Grundeigentümern und Kapitalisten mit Hilfe des Staates immer wieder unternommen werden. Domenico Losurdo hat immer wieder darauf verwiesen, dass die Länder des Westens als imperialistische bzw. kolonisierende Staaten ohne Hemmung das Eigentum der von ihnen Unterworfenen missachtet haben und weiter missachten. [8]       

Naturrecht und Menschenrecht

Von Jean-Jacques Rousseau stammt der berühmt gewordene Satz „Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten“. Dahinter steht die naturalistische Vorstellung eines unschuldigen, freien Menschen, der bei seiner Geburt „frei“ ist und erst durch die Fallstricke des Schicksals, eben des Lebens, „in Ketten“ fällt. Doch so ist es nicht. Der Mensch ist bereits bei seiner Geburt unterschiedlichsten sozialen Lagen ausgesetzt, die seinen weiteren Weg bestimmen. Auch heute leben weltweit unzählige Eltern in sozialer Not und viele ihrer Kinder bleiben es deshalb lebenslang. Auch hat es den Menschen – wie ihn sich Rousseau vorstellte - nie gegeben. Der heutige Mensch, der im Besitz von Rechten, von Menschenrechten ist, ist vielmehr ein Produkt der Neuzeit.    

Der Verweis von Hans-Heinz Holz darauf, dass die „Wirklichkeit“ des Menschenrechts „immer nur in historischer Besonderung erscheint“ entspricht dem Hegelschen Verständnis der Naturrechtslehre, wobei Hegel - nach Losurdo - stets „eine hohe Meinung von der naturrechtlichen Tradition“ hatte, sie aber nicht als ewig oder naturgegeben betrachtete. „Die Freiheit der Person, die Menschenrechte sind gewiss unveräußerlich, aber deshalb noch nicht ewig, denn sie sind nicht von einem ursprünglichen Vertrag sanktioniert, sondern vielmehr das Ergebnis eines langwierigen und komplizierten historischen Prozesses. Bekanntlich wird die Naturrechtslehre kritisiert, weil der Naturzustand auf den sie sich berufen will, ein Zustand ist, in dem kein Recht, sondern nur Gewalt herrscht. Es gibt jedoch eine weitere kritische Beobachtung, der man vielleicht bisher weniger Aufmerksamkeit gewidmet hat: nicht nur die 'Naturrechte' sind ein Ergebnis des historischen Prozesses, sondern auch das Subjekt dieser Naturrechte ist es. Selbst der Begriff Mensch als Mensch ist das Ergebnis kolossaler historischer Umwälzungen: in der Antike und in den Kolonien der modernen Welt werden die Sklaven nicht unter die Kategorie Mensch subsumiert; und was Rom anbetrifft, so werden auch die Frauen und Kinder wie Sklaven angesehen und behandelt.“ [9] In der Hegelschen Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften heißt es dazu: „Was das Geschichtliche des in Rede stehenden Verhältnisses betrifft, so kann hier bemerkt werden, dass die antiken Völker, die Griechen und Römer, sich noch nicht zum Begriff der absoluten Freiheit erhoben hatten, da sie nicht erkannten, dass der Mensch als solcher, als dieses allgemeine Ich, als vernünftiges Selbstbewusstsein, zur Freiheit berechtigt ist.“ [10]     

Hegel bekennt sich demnach ausdrücklich zur Geltung der Menschenrechte. Nach Losurdo wäre es „ein schwerwiegender Fehler, Hegels Polemik gegen die Vertragstheorie als die Behauptung der Bedingungslosigkeit der herrschenden Macht zu interpretieren, gegen deren Übergriffe und Unterdrückung das Individuum keinerlei Recht geltend machen könnte. (…) Gibt es unveräußerliche und unverjährbare Rechte? Die Antwort Hegels ist nicht nur unmissverständlich, sondern wird auch besonders feierlich vorgetragen: „Unveräußerlich sind daher diejenigen Güter oder vielmehr substanziellen Bestimmungen, sowie das Recht an sie unverjährbar, welche meine eigenste Person und das allgemeine Wesen meines Selbstbewusstseins ausmachen, meine allgemeine Willensfreiheit, Sittlichkeit, Religion…“ [11] Und negativ betrachtet nennt Hegel als „Beispiele der Entäußerung der Persönlichkeit (…) Sklaverei, Leibeigenschaft, Unfähigkeit Eigentum zu besitzen, die Unfreiheit und desselben usf.“ [12]

Hans-Heinz Holz ging daher fehl in seinem Urteil, wenn er erklärt, dass „Hegel in seinem System auf Menschenrechte nicht einzugehen (braucht); sie lassen sich gegen die Pflichten des Staatsbürgers, gegen die 'höchste Pflicht' Staatsbürger zu sein, nicht aufrechnen; sie reduzieren sich auf die formelle Bestimmung des Rechts, dass der Staat vernünftig zu sein habe, andernfalls er eben der Idee des Staates nicht entspreche, also (in Hegelschen Sinne) 'unwirklich' sei.“ Das daraus von Holz gefällte Urteil über Hegel ist vernichtend: „Damit bietet die Hegelsche Rechtsphilosophie keinen Ansatz, um zu einer Theorie der Emanzipation des Menschen zu kommen.“ Es handelt sich um einen „Platonismus Hegels“. [13]

Die Bedeutung der Einschränkung der Menschenrechte für das Ende des realen Sozialismus

In der offiziellen, weitgehend aus sowjetischer Sicht bestimmten Rechtstheorie der sozialistischen Staaten wurde Hegel gar als ein bürgerlicher Idealist angesehen, dem die Mystifizierung und Vergötterung des autoritären Staates am Herzen lag. In der Marxistischen Staats- und Rechtstheorie von 1974 heißt es über ihn: „Das idealistische philosophische System, das von Hegel geschaffen und von seinen Nachfolgern unter den Bedingungen der preußischen Großgrundbesitzermonarchie übernommen worden war, förderte die Verbreitung antidemokratischer Ansichten über den Staat, den blinden Gehorsam ihm gegenüber. (…)“ Nicht der Inhalt, nur die Hegelsche Methode wurde daher für wert befunden, erhalten zu werden: „Gleichzeitig war die Dialektik Hegels, von der idealistischen Hülle befreit eine objektive Quelle der revolutionären Anschauungen über den Staat.“ [14] Wie dargelegt, zeigte Losurdo hingegen wie mit Hegel sehr wohl eine exakte historische Einordnung sowohl der Naturrechtslehre als auch der Menschenrechte möglich sind, ohne dass damit ihre Gattungsallgemeinheit geleugnet wird.

Die Einengung auf „sozialistische Bürgerrechte“ stellte hingegen den historisch entstandenen Wesenskern der Menschenrechte, zumindest wie er sich in Westeuropa entwickelt hatte, in Frage. Relativierung und Einschränkung der Menschenrechte standen in einem krassen Widerspruch zur gesamten Geschichte der organisierten europäischen Arbeiterbewegung in ihrem Kampf um Anerkennung, bei dem sie sich von Beginn an auf die Menschenrechte berief und stets für ihre Verankerung in nationales Verfassungsrecht eintritt. Vor allem an der Sicherung der Koalitions-, Presse- und Versammlungsfreiheit ist ihr dabei gelegen. Unter dem Banner der Menschenrechte kämpft sie in erster Linie für das freie und gleiche Wahlrecht. Frauenrechtlerinnen streiten unter Berufung auf das Diskriminierungsverbot für die Gleichstellung der Geschlechter. „Die Internationale erkämpft das Menschenrecht“ heißt es nicht ohne Grund in dem berühmten Kampflied der Arbeiterbewegung. Waren die Menschenrechte einst in der Französischen Revolution als Abwehrrechte des Bürgertums gegen adelige Vorrechte und Privilegien entstanden, übernahm bald darauf die Arbeiterbewegung den Stafettenstab, indem sie die Menschenrechte gegen die Diskriminierung der unteren Klassen in Stellung brachte.

Die Einschränkung der Menschenrechte in den europäischen sozialistischen Ländern kann aus dem Umstand erklärt werden, dass sie sich nicht in der Lage sahen, ihren Bürgern bestimmte, in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 garantierte demokratische Rechte zu gewähren - wie etwa die Versammlungs-, Presse- Wahl- und Redefreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit – selbst die Religionsfreiheit war nicht überall gesichert - ohne zugleich die eigene innere Stabilität zu gefährden. Solche Sicherheitsfragen stellen natürlich gewichtige Gründe dar, die stets zu berücksichtigen sind. Sie können es notwendig machen, die Menschen- bzw. Grundrechte für eine bestimmte Periode, etwa in akuten Notsituationen einzuschränken oder zu suspendieren. In der Geschichte der Neuzeit haben die unterschiedlichsten Gesellschaftssysteme von einem solchen Notstandsrecht Gebrauch gemacht. Losurdo hat in seinen historischen Studien immer wieder darauf hingewiesen, dass auch liberalen Gesellschaften solche, oft von Gewalt begleiteten Ausnahmesituationen nicht fremd sind. [15] Es ist aber etwas ganz anderes, wenn deswegen die allgemeine Bedeutung der Menschenrechte als Rechte der Gattung Mensch grundsätzlich in Frage gestellt wird. Die damit ihrem Gegner gebotene offene Flanke, der den sozialistischen Ländern vorwarf, die Menschenrechte aus Prinzip nicht in vollem Umfang zu respektieren, konnten diese nie schließen. Die Geringschätzung der Menschenrechte stellte daher ein theoretisches und ideologisches Defizit dar, das zum Untergang des europäischen Sozialismus ganz wesentlich beitrug.

 

[1] Hermann Klenner, Des Menschen und der Völker Recht auf ein Leben im Frieden, in: Dialektik – Beiträge zu Philosophie und Wissenschaften, Heft 13, Die Rechte der Menschen, Köln 1987, S. 148

[2] Hermann Klenner, Des Menschen und der Völker Recht auf ein Leben im Frieden, a.a.O.  S. 157

[3] Hermann Klenner, Probleme in Permanenz: Menschenrechte, in: DDR-Komitee für Menschenrechte (Hg.) Schriften und Informationen 1/1983, S.27. Hier zitiert nach Hans-Heinz Holz, Die regulative Idee des Menschenrechts, in: Topos – Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie, Heft 21 (Menschenrecht), 2003 Napoli, S. 13

[4] Hans-Heinz Holz, Die regulative Idee des Menschenrechts, in: Topos – Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie, Heft 21, 2003 Napoli, S. 13

[5] Hans-Heinz Holz, Die regulative Idee des Menschenrechts, a.a.O., S. 14

[6] Vgl. Hermann Klenner, „Apriorität, Historizität und Aktualität der Menschenrechte“, in Topos - – Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie, Heft 21, a.a.O., S. 25 – 53. Insofern ging der im gleichen Heft enthaltene Vorwurf von Hanz-Heinz Holz gegenüber Klenner, er verkenne die Bedeutung der Menschenrechte als „Minimalrepertoire an Gattungsbestimmungen“ ins Leere. Denn mit dem Ende des Realsozialismus war diese Kontroverse gegenstandslos geworden.  

[7] Autorenkollektiv, Marxistische Staats- und Rechtstheorie, Band 1 Grundlegende Institute und Begriffe, Köln 1974, S. 348

[8] Vgl. die Beispiele die Losurdo dafür aufführte wie die bürgerliche Gesellschaft im großen Stil das Eigentumsrecht auf Gröbste verletzt, etwa in seinem Buch Der westliche Marxismus – Wie er entstand, verschied und auferstehen könnte. Ob es die Ureinwohner Nordamerikas, die schutzlosen Bauern im globalen Süden bzw. heute die Palästinenser sind, ihnen allen wurde und wird ihr Eigentum immer wieder rücksichtslos entzogen, ohne dass sie sich dagegen wehren können. Das Eigentum ist den bürgerlichen Gesellschaften zwar heilig – aber das gilt nicht für alle Menschen!

[9] Domenico Losurdo, Hegel und die Freiheit der Modernen, Frankfurt am Main 2000, S. 80

[10] Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften III, in: Hegel Werke, Band 10, Zusatz zu Paragraph 433, S. 223

[11] Domenico Losurdo, Hegel und die Freiheit der Modernen, a.a.O., S. 79  

[12] Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, in: Hegel Werke, Band 7, Paragraph 66, S. 141f.

[13] Hans-Heinz Holz, Vernünftigkeit und Geschichtlichkeit, über theoretischen Status und Geltung der Menschenrechte, in: Dialektik – Beiträge zu Philosophie und Wissenschaften, Band 13 (Die Rechte des Menschen), Köln 1987, S. 37 f.  

[14] Marxistische Staats- und Rechtstheorie, Band 1, Übersetzung aus dem Russischen, Köln 1974, S. 21

[15] In seinem Buch Freiheit als Privileg. Eine Gegengeschichte des Liberalismus verweist Losurdo auf Montesquieu, für den die Diktatur durchaus ein Mittel war, mit dessen Hilfe liberale Gesellschaften in Krisensituationen gerettet werden konnten: „Und das Mittel gegen die interne Barbarei, wie gegen die externe, ist die Diktatur. Montesquieu ist sich sicher, dass es zur 'Gewohnheit der freisten Völker, die es je auf der Erde gab' gehört, 'für einen Augenblick einen Schleier über die Freiheit [zu legen], so wie man die Götterstatuen verbirgt'. Dies geschieht beim Ausnahmezustand: Um ihm zu begegnen, müsse man jene 'bewundernswerte Institution' beherzigen, die die römische Diktatur war (…). So 'schrecklich' diese Institution sei, sie führe im geeigneten Augenblick 'den Staat gewaltsam zur Freiheit'. Vgl. Domenico Losurdo, Freiheit als Privileg. Eine Gegengeschichte des Liberalismus, Köln 2010, S. 321 f.

Dieser Beitrag ist der fünfte Teil eines Projekts, in dem die Zusammenhänge der Gedanken Domenico Losurdos dargestellt werden. Der erste Teil hatte seine Sicht auf China zum Thema und erschien am 8. Februar 2023 auf dieser Seite unter der Überschrift „China – eine Macht, die die Machtverhältnisse grundlegend verändert“. Der zweite Teil behandelte die Gründe für die Niederlage des europäischen Sozialismus. Er wurde am 13. März 2023 auf dieser Seite unter der Überschrift „Scheitern oder Niederlage?“ veröffentlicht. Der dritte erschien als „Niederlage im kalten Krieg – spontaner Kollaps oder Verrat?" am 19. April 2023. Der vierte behandelte die "Schimäre Kommunismus" und wurde am 20.06.2023 hier veröffentlicht.

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