Drohkulisse

»Berlin fürchtet Euro-Austritt nicht mehr«, meldet der Deutschlandfunk, und das Handelsblatt titelt: »Athen muss vielleicht doch die Euro-Zone verlassen.« Anlass sind Meldungen, wonach die Bundesregierung ihre bisherige Haltung gegenüber einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone aufgegeben habe. Als Gründe werden genannt: Eine Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder sei nicht mehr gegeben, die Krisenstaaten Portugal und Irland hätten das Gröbste hinter sich, und mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus und der Bankenunion verfüge die Euro-Zone inzwischen über Instrumentarien, mit denen sie sehr viel besser als noch vor drei Jahren mit einem Austritt verbundene Schocks abfangen könne.

Sollten sich die Vermutungen bestätigen, so wäre dies ein erneuter Kurswechsel der deutschen Haltung gegenüber Athen. Zur Erinnerung: Auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise war es 2011 Kanzlerin Angela Merkel, die laut über einen möglichen Austritt des Landes aus der Euro-Zone nachdachte. Die Finanzmärkte waren entsetzt über so viel Unvernunft aus Berlin. Die Bundesregierung musste zurückrudern und für Beruhigung sorgen.

Nun also die erneute Wende? Schon freut sich AfD-Chef Bernd Lucke über die »späte Einsicht der Bundesregierung«, und zugleich warnen der Ökonom Peter Bofinger sowie der SPD-Politiker Carsten Schneider vor einem solchen Schritt. Doch sowohl Freude als auch Warnungen könnten sich als verfrüht erweisen. Es spricht nämlich viel dafür, dass das Jonglieren mit einem Austritt Griechenlands bloßes Manöver ist, um Brüssel und Berlin eine gute Ausgangsposition zu verschaffen, für den Fall, dass die linke Partei Syriza unter Alexis Tsipras bei den anstehenden Parlamentswahlen Ende Januar siegen sollte. Der hat indes gar nicht vor, das Land aus der Euro-Zone zu führen. Tsipras' Ziele sind vielmehr, einen weitreichenden Schuldenschnitt mit den europäischen Gläubigerstaaten auszuhandeln und mit der Rückgängigmachung sozialer Einschnitte die bisherige Politik der Troika zu konterkarieren. Da würde es gut in die Verhandlungsstrategie von Brüssel und Berlin passen, könnten sie diese Forderungen als innerhalb der Euro-Zone für nicht verhandelbar erklären und dem Land statt dessen den Austritt nahelegen.

Dieses Pokern glaubt man sich erlauben zu können, da Tsipras, im Unterschied zum Führer des linken Minderheitsflügels in Syriza, Panagiotis Lafazanis, immer wieder beteuert hat, dass mit ihm eine Aufgabe des Euro nicht in Frage komme. Er hat sich damit selbst die Hände gebunden. Denn kommt es nicht zu den von ihm erhofften Verhandlungen, sondern werden statt dessen die Stimmen von außen lauter, das Land könne ja gern die Euro-Zone verlassen, so bliebe nur sein Rückzug. Die Drohkulisse hätte ihre Wirkung getan.

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